Tierfotos im Stuttgarter Schlossgarten
 
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26. August

Sonnig,15°.

Gestern kam in der Zeitung eine schreckliche Nachricht. In Bad Cannstatt soll eine verletzte Amazone gefunden worden sein. Sofort hatte Dieter Hoppe mit der Polizei vor Ort sowie dem Tierheim, wo die Amazone untergebracht wurde, Kontakt aufgenommen und bekam nähere Auskunft. Wir vermuteten, dass es sich um ein gerade flügge gewordenes ungeschicktes Junges handeln könnte. Doch im Gegensatz zu unserer Vermutung, soll der verletzte Vogel viel gelbe Farbe am Kopf und einen hellen Schnabel haben. Also geht es um eine erwachsene Gelbkopfamazone. Hoffentlich kein Elternteil, der Nachwuchs hat, dachten wir. Penelope, Mamagei oder Gustav sind zum Beispiel reine Gelbkopfamazonen mit Kindern. Der Vogel blutete am Schnabel und konnte nicht fliegen, „er plumpst wohl von der Stange wie ein Stein“ , hieß es.
Dieter bot mir an heute morgen mit ihm zusammen im Tierheim die verletzte Amazone zu besuchen.




Ich fuhr zunächst mit Manfred in den Park um die letzte Bruthöhle, in der sich noch Junge befinden, zu überprüfen. Dabei schaute ich ängstlich ob alle von mir bekannten Amazonen da sind... Ich begegnete Thea und Gregorius, Karl und Karla, die alle erwachsene Gelbkopfamazonen sind.


Ein großer Schwarm Nilgänse flog am Himmel. Ihre Zahl ist jetzt beeindruckend !

Die zwei Jungen in der letzten aktiven Bruthöhle guckten heute wieder neugierig heraus, aber trauten sich nicht auszufliegen.


Gegen 10.00 Uhr holte Dieter mich am Parkeingang ab und wir fuhren ins Tierheim nach Botnang. Da ich mir schon das schlimmste vorgestellt hatte und befürchtete ein halbtotes Tier zu sehen, war ich eher erleichtert als ich die Amazone aufrecht sitzend in der Voliere sah.



Der Vogel hatte zwar viel gelb am Kopf aber nicht durchgehend bis zum Nacken. So konnte ich Penelope, Mamagei oder Gustav mit großer Erleichterung ausschließen. Sie haben alle jetzt Junge um die sie sich viel kümmern müssen. Der Vogel in der Voliere besaß eine komische Krallenformation, so dass die Identifizierung nicht schwer sein sollte. Ich dachte als Kandidat an Saphir, Quetzi, Pepe und Bella, die alle einen grün gefleckten gelben Kopf sowie verwachsene Krallen haben. Quetzi wurde ausgeschlossen wegen der Krallen, die bei ihm nicht so extrem verwachsen sind. Dann schloss ich Saphir aus, dessen Kopfmuster für mich anders aussah. Ich tendierte zu Pepe. Er hat Gott sei Dank keinen Nachwuchs... Aber eine Partnerin "Lola", die sich jetzt allein fühlen sollte...
Meine Identifizierung blieb bei Pepe. Der arme... dachten wir.

Das war doppelt falsch !

Erst am nächsten Tag stellte ich im Park fest, dass Thea verschwunden war. In ihrem Revier entdeckte ich ein fremdes Paar. Ich hatte sie doch noch gestern gesehen... oder nicht?
Genauer gesagt hatte ich nur ein Gelbkopfamazonen-Paar in Theas Brutrevier gesehen und in der Eile automatisch gedacht, dass es wohl Thea und Gregorius sein müsste. Ein Revier einer Amazone ist wie eine Wohnung eines Menschen. Nur der Besitzer darf frei eintreten. Deswegen gibt es so viele Grenzkonflikte im Park. Schnell prüfte ich die Fotos, die ich gemachte hatte.


Oh Schreck !

Theas Partner Gregorius war mit einem anderen Weibchen zusammen! Und zwar mit Kirke, eine heftige Rivalin von Thea ! Über Kirke (und Stuttgart 21) kann ich auch viel erzählen, aber das werde ich ein anderes Mal tun.
Es wurde mir plötzlich alles klar. Die verletzte Amazone war Thea ! Ich hatte sie von Anfang an ausgeschlossen weil ich gedachte hatte, dass sie noch im Park war...
Und schon zwei Tage nach dem Unfall hatte Gregorius sie vergessen und ein neues Weibchen genommen ! Na, sowas ! Ich war immer so begeistert, dass die Amazonen so eine treue Partnerschaft haben...

Der zweite Fehler, der mir viel später klar wurde, war, dass ich allen gesagt hatte, dass Pepe keinen Nachwuchs hat. Wir dachten, dass Pepe und Lola ihre Brut aufgegeben hatten. Sie tauchten aber im September mit zwei ganz hübschen Babys in Bad Cannstatt auf ! Lustigerweise gleich am 27. August schickte mir Kostas Koufogiorgos einige Amazonenbilder, die er gemacht hatte. Drauf war Pepe ganz gesund zu sehen.

In der fremden Voliere sah Thea für meine Augen irgendwie majestätisch aus. Als ich und Dieter mit dem Pfleger rein gingen, war sie gar nicht in Panik geraten. Sie beobachtete uns aufmerksam. Sie sah auch ziemlich beweglich aus und kletterte am Gitter. Als Dieter ihr einen Zweig reichte, benutzte sie diesen sofort.



Auch an von Dieter mitgebrachtem Feuerdorn zeigte sie Interesse. Sie kratzte sich eine Weile am Ohr, was die Amazonen oft machen wenn sie zunächst überlegen wollen ("Übersprungverhalten"), erklärte mir Dieter. Dann pickte sie zwei, drei Beeren.



Unsere wilde Amazonen, die sich in der wilden Natur ernähren, kennen das Hauspapageienfutter nicht, und es besteht die Gefahr, dass sie in der Gefangenschaft nicht richtig fressen können. Wir versprachen dem Pfleger immer wieder wildes Futter zu besorgen. Dieter, der seine eigenen Papageien zu 80% mit wildem Futter ernährt, ist ein großer Experte dafür.

Nachmittags wurde Thea zum Tierarzt in Karlsruhe, Herrn Dr. Britsch, gebracht und untersucht. Am nächsten Tag schrieb Dr. Britsch an Dieter, dass Thea Frakturen im Schultergürtel hat. "14 Tage Verband tragen kann im besten Fall zu einer Genesung und Flugfähigkeit führen..." hieß es.
Nun hoffen wir das Beste für Thea.